Emotionen bei Hunden sehen lernen. Eine Blickschule

Katja Krauß/Gabi Maue

Emotionen bei Hunden sehen lernen

Eine Blickschule

Nerdlen: Kynos Verlag, 2020. 624 Seiten mit über 1300 Fotos.
ISBN 978-3-95464-216-8

Niemand, der mit einem Hund zusammenlebt, würde leugnen, dass Hunde Gefühle haben. Umso erstaunlicher ist es, dass viele sich schwertun, die Gefühle ihrer Hunde richtig zu lesen. Missverständnisse und schiere Unkenntnis sind an der Tagesordnung und trüben das Glück des Zusammenlebens, auch wenn viele Hundehalter das gar nicht realisieren. Dabei wird der Hund gerne als der beste Freund des Menschen bezeichnet. Freunden hört man zu und geht auf das ein, was sie zu sagen haben. Deshalb gehört dieses Buch in die Hand eines jeden Hundeliebhabers.

Hunde kommunizieren vorrangig über ihre Körpersprache und Mimik und bringen damit ihre Emotionen zum Ausdruck. Kommunikation unter Hunden läuft schnell und subtil ab und ist für das ungeübte menschliche Auge nicht immer leicht zu erkennen. Aber auch die Interpretation des Gesehenen ist vielschichtig: ein Wedeln muss nicht immer ein Ausdruck von Freude sein, sondern kann verschiedene Bedeutungen haben und ein Stresshecheln ist kein Lachen, auch wenn die nach hinten gezogenen Mundwinkel auf den ersten Blick an das breite Lachen eines Menschen erinnern mögen.

Katja Krauß und Gabi Maue, die bei ihrer Arbeit als Hundetrainerin und Tellington-Touch-Lehrerinnen über viele Jahre Erfahrungen sammeln konnten, haben dieses Buch ganz bewusst als Blickschule konzipiert. Sie verzichten auf lange theoretische Einführungen und kommen sofort zur Sache. Das Buch ist in drei Teile gegliedert. Die Autorinnen beginnen mit einem Blick auf den Hundekörper und erläutern anhand zahlreicher Fotos von der Gesichtsmimik über Körperhaltungen und Fell bis hin zu Anzeichen von Schmerzgeschehen, worauf man achten muss.

Ein zweiter Teil widmet sich den Kommunikationssignalen, die seit Turid Rugaas‘ gleichnamigem Buch auch als „Calming Signals“ bekannt sind. Meist werden diese Kommunikationssignale von Hunden eingesetzt, um eine Situation zu entschärfen, einen inneren Zwiespalt zu lösen und sich oder das Gegenüber zu beruhigen. Es ist also neben dem Betrachten des Hundekörpers und der Mimik immer der Kontext der jeweiligen Situation mit zu Rate zu ziehen, um eine Situation richtig lesen zu können.

Der dritte Teil befasst sich dann explizit mit den Emotionen der Hunde. Zunächst erfährt der Leser, woran man Stress beim Hund erkennen kann – ein sehr wichtiges Kapitel, denn nur wenn der Halter erkennt, dass sein Hund in einer Situation gestresst ist, kann er ihm beistehen und aus der Situation herausführen. Es folgen Beschreibungen von den Grundemotionen Angst, Traurigkeit, Ärger/Zorn/Wut, Ekel, Freude und Neugierde mit ihren situationsbedingten Nuancen.

Das Buch liefert einen unerschöpflichen Fundus an Fotos und Beschreibungen, mit deren Hilfe man seinen Blick schulen kann, um dann an den eigenen oder fremden Hunden das Gelernte weiter zu vertiefen. Die Lektüre macht Freude, da der mit seinen über 600 Seiten doch sehr gewichtige Band nicht mit langen Texten überfrachtet ist, sondern gezielt die Körpersprache der abgebildeten Hunde für den noch ungeübten Leser dechiffriert. Es gibt hier unglaublich viel in der Körpersprache und Gefühlswelt der Hunde zu entdecken und die Autorinnen schöpfen aus einem riesigen Bild- und Erfahrungsfundus. Eins ist gewiss: Am Ende spannender Stunden der Lektüre wird der Leser Hunde und deren Emotionen mit anderen – schärferen – Augen sehen.