Hunde achtsam führen

Maria Rehberger

Hunde achtsam führen

Über belohnungsbasiertes Training und bedürfnisorientierten Umgang

Bernau: animal learn Verlag, 2021. 183 Seiten.
ISBN 978-3-936188-78-3

Die Einschränkung ihrer Freiheiten – eine Erfahrung der Corona-Pandemie, die viele Menschen belastet hat – ist für unsere Hunde der Normalzustand. Sie haben die Freiheit, die Hunde außerhalb Mitteleuropas vielerorts heute noch genießen, eingetauscht gegen einen Menschen, der sich um sie kümmert und – wenn sie Glück haben – ihr Freund ist. Mit diesem Gedanken beginnt Hundetrainerin und Verhaltensberaterin Maria Rehberger ihr neues Buch „Hunde achtsam führen.“

Um dieses auf Freundschaft und Liebe basierende Mensch-Hund-Verhältnis, das aber zugleich mit vielen großen und kleinen Einschränkungen für unsere Hunde verbunden ist, geht es Rehberger. Natürlich gehört dazu auch, dem Hund Grenzen setzen zu müssen, aber auf das Wie kommt es an und da kennt Rehberger nur einen Weg: Mit Hilfe positiver Verstärkung. Ohne Gewalt. Mit Liebe.

Bedürfnisorientierter Umgang und belohnungsbasiertes Training sind für Maria Rehberger die Grundlagen jeder harmonischen Mensch-Hund-Beziehung. Es geht Rehberger in ihrem Buch nicht darum, Patentrezepte für Verhaltensprobleme zu vermitteln. Sie zielt auf etwas viel Grundlegenderes ab: auf die Bindung und Beziehung zu unseren Hunden. Rehberger wünscht sich, dass man seinem Hund auf Augenhöhe begegnet, was sie uns anhand vieler Beispiele aus dem Alltag mit ihren drei Hunden verdeutlicht. Ihr Buch wird dadurch sehr anschaulich und persönlich. Rehberger will uns damit nicht zuletzt von einem ungesunden Perfektionismus heilen, der das Verhältnis zu unseren Hunden heute allzu oft eintrübt. Was der Hund alles können sollte, was er alles auf keinen Fall tun sollte, was man ihm als dominantes Verhalten nicht durchgehen lassen sollte… die Erziehungsratgeber und ‑sendungen sind Legion und vernebeln unseren Blick.

Den Bedürfnissen von Hunden widmet Rehberger ein ausführliches Kapitel. Neben den Grundbedürfnissen – zu denen auch das Bedürfnis nach Selbstbestimmung gehört – muss man natürlich rasse- und typbedingte Unterschiede in den Blick nehmen. Hinzu kommen individuelle Bedürfnisse der jeweiligen Hundepersönlichkeit und die mit dem Lebensalter des Hundes sich wandelnden Bedürfnisse. Nur wer sich sämtliche Bedürfnislagen seines Hundes klar macht, kann ihm ein hundegerechtes Leben ermöglichen. Bekommt der Hund dauerhaft nicht die Möglichkeit, wichtige Bedürfnisse zu befriedigen, sind Stress und Frustration die Folge, die Ursache für viele Verhaltensprobleme sein können.

Aber ganz ohne Regeln und souveräne Führung kommen wir im Alltag mit unseren Hunden auf Dauer nicht zurecht. Rehberger räumt mit dem alten Irrglauben von Dominanz und Rangordnungstheorien auf und erläutert den Unterschied zwischen „Erziehung“ und dem von ihr favorisierten Begriff des „Trainings“. Jeder Hundehalter wird aufgefordert, sich selbst die Frage stellen, welche Regeln für das Zusammenleben mit seinem Hund für ihn persönlich sinnvoll sind. Zu oft würden Menschen sich sinnlose Regeln Außenstehender oder vermeintlicher Fachleute aufdrücken lassen und setzen sich und ihren Hund damit ganz unnötig unter Druck, so Rehberger. Sie selbst gibt zahlreiche Beispiele aus ihrem Leben, die uns die Augen für mehr Partnerschaftlichkeit im Leben mit unseren Hunden öffnen. Warum also nicht regelmäßig den Hund entscheiden lassen, welchen Weg man auf dem Spaziergang einschlägt? Der Hund liebt es, in unserem Bett, auf der Fensterbank oder dem Sofatisch zu liegen? Warum ihn nicht lassen? Rehberger ermöglicht genau das ihren Hunden nach dem Motto „Unser Haus, unsere Regeln.“

Ein weiteres Kapitel ist dem Training gewidmet und der Frage, wie Lernen funktioniert. Die unterschiedliche Wirkung von positiver und negativer Verstärkung sowie positiver und negativer Strafe auf ein vom Hund gezeigtes Verhalten wird ausführlich erklärt. Rehberger stellt klar: Training allein über positive Verstärkung ist nicht möglich. Immer wenn man den Hund beispielsweise in etwas unterbricht, was er gerne tut, wird Strafe wirksam. Was Rehberger aber ablehnt, ist der strafbasierte Trainingsansatz und die sogenannte „harte Hand“, mit der manch einer bis heute eigenständige und „harte“ Hunde oder Rassen erziehen zu müssen glaubt. Dagegen stellt Rehberger das belohnungsbasierte Training und den bedürfnisorientierten Umgang mit dem Hund als den Weg, den sie selbst beschreitet und den sie auch ihren Lesern ans Herz legt.

Wir hoffen, wir haben vielen lesefreudigen Hundehaltern Lust auf dieses außergewöhnliche Buch gemacht. Ein Buch, das uns ermutigt, alte Konventionen zu hinterfragen und unseren eigenen, individuellen Weg mit unserem Hund zu gehen. Maria Rehberger sensibilisiert uns dafür, kenntnisreicher, achtsamer und liebevoller mit unseren Hunden umzugehen. Unsere Hunde danken es uns, indem sie eine tiefe, vertrauensvolle Bindung zu uns eingehen.