Die stille Tragödie der spanischen Galgos – die aktuelle Situation

verfasst von Gisela Mehnert, Fundación Benjamín Mehnert (FBM) (Oktober 2017)
 

Das Schicksal der spanischen Galgos und auch Podencos scheint – zumindest auf Seiten des Staates – niemanden wirklich zu interessieren. Nur so ist es zu erklären, dass sich auch in den letzten Jahren, in denen das Schicksal dieser beiden Rassen international mehr Aufmerksamkeit bekommt als je zuvor, keine Besserung der Situation feststellen lässt. Das heißt, dass während der Jagdsaison (Oktober bis Ende Januar in Andalusien) eine unverändert hohe Anzahl von Hunden in schlechtem Zustand und oftmals verängstigt aufgefunden wird.

Spanien ist das einzige EU-Land, in dem die Jagd mit Galgos und Podencos noch immer gestattet ist. Die Anzahl der Galgueros (Jäger, die mit Galgos “arbeiten”) beläuft sich schätzungsweise auf 190.000. Eine kleine Minderheit davon ist im Verband organisiert und unterliegt somit einem gewissen Maß an Kontrolle, zumindest was Chippung und Tollwutimpfung anbelangt. Was jedoch mit den nicht mehr “tauglichen” Hunden geschieht, wird auch vom Verband nicht kontrolliert bzw. wird toleriert.

Man spricht davon, dass es in Spanien ca. 2 Mio. Galgos gibt. Es gibt zwar Tierschutzgesetze, die die Misshandlung und “nicht gerechtfertigte Tötung” von Tieren verbieten. Aber da es de facto seitens des Staates kaum Kontrollen gibt und auch Anzeigen nur selten verfolgt bzw. nach kurzer Zeit archiviert werden, haben diese Gesetze keine durchgreifende Wirkung.

Die spanischen Tierschützer fordern bereits seit Längerem ein nationales Tierschutzgesetz anstelle der regionalen Gesetze der einzelnen Comunidades (ähnlich unseren Bunderländern). Darin enthalten sollen auch explizit die “Realas” (Jägervereinigungen) sein.

In den Realas werden Galgos massenweise gezüchtet, meist in der Hoffnung auf den “Champion”. Da man für diese Hunde nur sehr wenig Geld ausgibt – das heißt meist noch nicht einmal der gesetzlichen Verpflichtung nachkommt, den Hund im Alter von 6 Monaten zu chippen und gegen Tollwut zu impfen – ist es für die Galgueros kein Problem, eine große Anzahl Galgos und Podencos in Schuppen, Kellern und Verschlägen zu halten, sie übers Jahr minimal zu versorgen und erst vor der Jagdsaison “anzufüttern”.

Wenige Wochen vor Jagdbeginn wird auch mit der Selektion begonnen. Man testet, wer taugen könnte und wer nicht. Das ist der Grund, warum viele dieser “aussortierten” Hunde auf Feldern zurückgelassen oder auch sofort “entsorgt” werden. Die “Verlassenen” laufen dann ziellos und oft panisch in der Gegend herum, werden angefahren und sterben elendiglich. In Tierheimen kommen bereits ab September die ersten Opfer von Verkehrsunfällen an und müssen in vielen Fällen operiert werden. Gechippten Hunden wird vor dem Aussetzen in der Regel der Chip durch Aufschneiden der linken Halsseite entfernt.

Offizielle Zahlen der bis Ende der Jagdsaison ausgesetzten Galgos und Podencos gibt es nicht. Tierschützer gehen von ca. 50.000 pro Jahr aus. Die Mehrzahl von ihnen stirbt namenlos und ohne jemals die positive Zuwendung eines Menschen erfahren zu haben. Ihr Leben war geprägt von Entbehrung, Einsamkeit und Leiden – das alles, um Galgueros oder Gitanos ihr “Hobby”, die Hasenjagd, zu ermöglichen.

Schon ab einem Alter von 3 oder 4 Jahren sind diese Hunde für ihre Besitzer meist nicht mehr leistungsstark genug für die Jagd und deshalb “untauglich”. Manche Hündinnen werden dann für die Nachzucht “verwendet”, was die Erklärung dafür ist, dass unter den wenigen älteren Hunden, die in die Tierheime kommen, überdurchschnittlich viele Weibchen sind. Die zahlreichen Würfe sieht man ihren ausgelaugten Körpern an; oftmals haben sie auch Brustkarzinome. Wer sich bei der Jagd oder anderweitig verletzt oder erkrankt, wird sofort entsorgt.

Die Galgos und Podencos, die man nicht mehr “verwenden” kann, werden nicht “nur” – wie früher die Regel – aufgehängt, sondern lebendig in Brunnen geworfen, erschlagen oder in Höhlen angekettet, um nur einige der perfidesten Tötungsmethoden zu nennen.

Die wenigen Glücklichen, die auf Feldern und Landstraßen aufgelesen oder von den Galgueros in Perreras mit Kontakt zum Tierschutz abgegeben werden, können von den Tierheimen versorgt, aufgepäppelt und mit Hilfe von Partnervereinen meist ins europäische Ausland vermittelt werden.
 

In den letzten Jahren haben sich dennoch einige positive Tendenzen ergeben

Die spanische Öffentlichkeit wird durch die Medien nun mehr als zuvor über das Elend und Wesen der Galgos und Podencos in ihrem Land informiert. So erfahren viele wohl zum ersten Mal, was in ihrem Land geschieht. Sie realisieren, dass diese Hunde keine Jagdinstrumente sind, sondern sensible, noble Lebewesen und wundervolle Familienhunde.

Immer mehr Spanier adoptieren nun diese Rassen, was sich in den größeren Städten auf den Straßen bemerkbar macht.

Die spanische Tierschutzpartei PACMA erfährt in ihrem Kampf nicht nur gegen den Stierkampf, sondern auch gegen den Missbrauch dieser Jagdhunde großen Zulauf und Zuspruch seitens der Bevölkerung. Es gibt in den größeren Städten regelmäßig große Demonstrationen gegen die Jagd mit Galgos und ihren Einsatz bei Hunderennen, wo ihre Situation ebenso quälend ist.

Das Interesse vor allem für Galgos ist im Ausland merklich gestiegen. Selbst durch amerikanische Vereine finden nun Galgos und Podencos ein Zuhause.

Dennoch ist es auch weiterhin eine zentrale Aufgabe der spanischen Vereine und Organisationen, dafür zu sorgen, dass wir endlich ein nationales Tierschutzgesetz mit strikten Normen bekommen UND die Kontrolle der Einhaltung dieses Gesetzes von staatlicher Seite gewährleistet wird.

Nur so können wir in Zukunft die Not der spanischen Galgos und Podencos zumindest lindern und den “namenlosen Opfern” helfen, die ungesehen leiden und sterben.