Zum Beginn der Jagdsaison 2018/19

In Spanien steht die  „temporada de caza con galgos“, die Jagdsaison mit Galgos, vor der Tür. Sie beginnt im Oktober, wobei es jedoch nicht so ist, dass der Beginn in ganz Spanien zum selben Datum stattfindet. Er ist vielmehr – wie auch das Ende – je nach Region unterschiedlich geregelt und wird von den einzelnen autonomen Gemeinschaften jedes Jahr neu ausgerufen. So gilt für die diesjährige Jagd auf Hasen z. B. folgender Jagdkalender:

Castilla - La Mancha: vom 08. Oktober 2018 bis 08. Februar 2019

Madrid: vom 08. Oktober 2018 bis 31. Januar 2019

Castilla y León: vom 12. Oktober 2018 bis 27. Januar 2019

Extremadura: vom 12. Oktober 2018 bis 20. Januar 2019

Valencia: vom 12.Oktober 2018 bis 06. Dezember 2018

Andalusien: vom 06. Oktober 2018 bis 31. Januar 2019

Murcia: vom 12. Oktober 2018 bis 06. Januar 2019 …

Das bedeutet für die in Spanien tätigen Kollegen, dass demnächst die 1. Welle von sogenannten „jagduntauglichen“ Hunden auf sie zurollt. Diese erste Welle beinhaltet z.B. solche Hunde, die sich bei der Jagd so schwer verletzt haben, dass eine aufwändigere Behandlung vonnöten wäre, um sie wieder „instand zu setzen“, etwa Galgos, die sich im unwegsamen Gelände das Bein gebrochen haben. Zu der ersten Welle zählen aber auch Hunde, die hinter den Erwartungen ihrer Galgueros zurückbleiben, z.B. noch ganz junge, unerfahrene Hunde, die zum ersten Mal mit zur Jagd genommen werden, aber nicht den entsprechenden Jagdtrieb zeigen.

Als „jagduntauglich“ werden allerdings auch ältere Hunde (also solche, die zwischen 2 und 4 Jahren alt sind) erklärt. Nicht etwa, weil sie zu langsam geworden wären, sondern weil sie inzwischen gelernt haben, abzukürzen, dem Hasen den Weg abzuschneiden (ein solches Verhalten wird von den Galgueros als „sucio/ dreckig“ bezeichnet).  – Bekanntlich geht es ja bei der Hasenjagd mit Galgos nicht darum, den Hasen möglichst schnell zu erlegen, sondern vielmehr um die Art und Weise der Verfolgung und der Abstimmung mit dem Jagdgefährten, dem 2. Galgo, der auf den Hasen losgelassen wird.

Diese Hunde der 1. Welle werden von den verantwortungsvolleren Jägern entweder in den Auffangstationen und Tierheimen abgegeben, oder aber sie enden landesweit in den zahlreichen Perreras. Viele werden einfach auch nach der Jagd zurückgelassen und irren dann auf der Suche nach Futter, Wasser und Unterschlupf in der Gegend herum und laufen dabei Gefahr zu verhungern, zu verdursten, zu erfrieren oder überfahren zu werden.
 

Kurz vor Weihnachten folgt dann die 2. Welle von Galgos, die auf die Hilfe der Tierschützer angewiesen sind. Es sind diejenigen, die bis dahin in den Perreras gelandet sind. Für sie tickt die Uhr, denn über die Feiertage werden die sich dort befindenden Hunde in der Regel sich selbst überlassen. Niemand schaut nach ihnen und es ist auch niemand da, der sie füttern würde. Der Stresspegel ist für diese Tiere immens und Auseinandersetzungen sind vorprogrammiert. Die Gefahr, dass vor den Feiertagen „Räumungs- oder Säuberungsaktionen“ in den Perreras stattfinden und ein Großteil der Hunde getötet wird, ist imminent.
 

Im Januar wird bereits das bevorstehende Ende der Jagdsaison spürbar. Viele Jäger, die während der Saison etliche Hunde gehalten haben, beginnen mit der Auslese. Es macht für sie keinen Sinn, all diese Tiere über das ganze Jahr zu behalten und durchzufüttern; das wäre mit zu hohen Kosten verbunden. Also beschränkt man sich auf die „guten Jäger“, von denen man sich noch für die nächste Saison Erfolg verspricht bzw. auf solche Hunde, die sich derart bewährt haben, dass man sie zur Nachzucht verwenden möchte. Diese behält man und alle anderen werden aussortiert. Ihr Schicksal beschäftigt die Tierschützer schon jetzt, spätestens aber ab dem Ende der Jagdsaison, dem Februar des neuen Jahres.
 

Aber die Auswirkungen der Jagd mit Galgos enden ja nicht hier, mit dem Ende der Jagdsaison. Die „caza con galgos“ folgt vielmehr ihren eigenen Jahreszeiten: während die Tierschützer in der ersten Jahreshälfte damit beschäftigt sind, möglichst viele von den aufgegebenen Galgos aufzunehmen und von der Straße zu holen, was meistens in kürzester Zeit zu einer Überfüllung der Tierheime und Auffangstationen führt – von den hohen Kosten zur Versorgung der Kranken und Verletzten ganz zu schweigen – beginnt jetzt bei den Galgueros die Zuchtphase. Die Folgen davon werden dann zumeist ab Juni spürbar: dann erleben wir eine Welpenschwemme. Überall tauchen auf einmal Welpen auf, mit Müttern, ohne Mütter, ausgesetzt oder auf der Straße, in Erdlöchern oder Abwasserrohren geboren. Auch die Perreras füllen sich mit Welpen, die nicht den Erwartungen entsprochen haben, und die Kleinen laufen hier Gefahr sich mit Infektionskrankheiten wie Parvovirose anzustecken, so dass die Wahrscheinlichkeit für sie dort zu überleben äußerst gering ist.
 

Ab Beginn der zweiten Jahreshälfte wird bereits wieder der nächsten Jagdsaison entgegengefiebert: Hunde werden unter den Galgueros getauscht, verkauft, oft über weite Teile des Landes verbracht, und die zuvor reduzierten Bestände wieder durch neuen, hoffnungsvollen Nachwuchs aufgefüllt. Das Ausdauertraining der Hunde beginnt schon in den noch heißen Sommermonaten, wobei es vielerorts immer noch üblich ist, die Hunde zu mehreren an Fahrzeugen anzubinden und kilometerweit mit ihnen über heißen Asphalt oder staubige Feldwege zu fahren. Wer dabei stürzt, hat Pech – er wird am Fahrzeug mitgeschleift und erlebt die nächste Jagdsaison eher nicht.
 

Bevor es dann losgeht mit der neuen Saison, im Oktober, werden ab September die älteren Galgas aussortiert, mit denen womöglich jahrelang gezüchtet worden war und die ihren Jägern jedes Jahr mehrere Würfe geschenkt hatten. Irgendwann sind auch sie am Ende ihrer Nützlichkeit angelangt, häufig ausgelaugt und ausgezehrt, müde und einfach geduldig alles so hinnehmend, wie es für sie entschieden wird. Diese schon im Alter von 7 oder 8 Jahren als „abuelas/ Großmütter" bezeichnete Hündinnen – und mehrfache Großmütter, ja Urgroßmütter, sind sie dann in der Tat schon – gehören zu den stillen Opfern der Jagd mit Galgos in Spanien und das Leid eines harten, entbehrungsreichen Lebens steht meistens in ihren Augen geschrieben.
 

Und dann beginnt im Oktober der Zyklus von neuem.