Bernau: Animal-Learn-Verlag, 2004. 357 Seiten. ISBN 3-936188-15-7
Dieses Buch wünschte man sich als Einstiegslektüre für jeden Hundehalter. Und zwar bevor er die Lektüre von Erziehungsratgebern aufnimmt, bevor er beginnt, sein Wissen durch TV-Hundetrainer anzureichern und auch bevor der erste eigene Trainer engagiert wird.
Nicht, dass dies alles von Grund auf verdammenswert wäre. Mitnichten.
Das reiche und in vielen Fällen auch sehr gute Angebot, das ratsuchenden Hundehaltern heutzutage zur Verfügung steht, birgt jedoch die Gefahr, dass etwas Wesentliches aus dem Blick gerät, das eigentlich einmal bei fast jedem am Anfang seines Lebens mit Hunden gestanden hat: der Wunsch nach tiefer emotionaler Verbundenheit zu einem Lebewesen. Es ist das, was die amerikanische Hundetrainerin Suzanne Clothier im Bild des gemeinsamen Tanzes zum Ausdruck bringt, der in einer Beziehung zwischen Mensch und Hund möglich ist.
„Es würde Knochen vom Himmel regnen“ ist – wie der Titel schon verrät – kein Trainingsbuch im herkömmlichen Sinne und doch geht es natürlich auch darum, wie man Probleme im Zusammenleben löst, richtige Führung gibt und letztlich ein harmonisches Miteinander zwischen Mensch und Hund gewinnt.
Wir haben es in der Hand, auf welchen qualitativen Ebenen die Beziehung zu unserem Hund stattfindet. Clothier unterscheidet zwischen der „mechanischen Ebene“ einer Beziehung (wir geben ein Signal – der Hund reagiert darauf) und der „Motivationsebene“. Letztere ist im Hundetraining heute erfreulicherweise weit verbreitet und anerkannt. Bei dieser Methode arbeitet man mit einer gewissermaßen psychologischen Herangehensweise. Fragt man auf der mechanischen Ebene „Wie bringe ich einen Hund dazu, etwas Gewünschtes zu tun?“, lautet die Frage auf der Motivationsebene „Was muss ich tun, damit der Hund das tun möchte, wozu ich ihn bewegen will?“.
Schon aus dem ersten Fallbeispiel, das Clothier in ihrem Buch schildert, nimmt der Leser einen einfachen, aber fundamentalen Satz mit: „Was zwischen einem Menschen und einem Tier möglich ist, ist nur innerhalb einer Beziehung möglich.“ Nimmt man sich dies zu Herzen, sind nicht nur sämtliche aversive Methoden vom Leinenruck bis hin zum Reizstromgerät tabu. Es sollte im Training mit einem Hund immer darum gehen, eine tiefe, von gegenseitigem Vertrauen geprägte Beziehung aufzubauen. Dies ist kein einmaliger Vorgang, sondern ein dynamischer Prozess. Jede Interaktion birgt die Chance, größeres Vertrauen und tieferes Verständnis aufzubauen, aber ebenso die Gefahr, den Abstand zu unserem Hund wieder zu vertiefen.
Letztlich ist es eine dritte Ebene, zu der Clothier uns in ihrem Buch hinführen will. Hier lautet die entscheidende Frage nur noch, wie wir gemeinsam mit unserem Hund ein gestecktes Ziel erreichen können. Es geht dabei nicht mehr bloß um Lerntechniken und Motivationsstrategien, denn ein Hund ist mehr als nur ein nach unseren Bedürfnissen zu formendes Objekt. Clothier geht es um die Entwicklung einer tiefen, von Vertrauen und Verständnis geprägten Partnerschaft zwischen uns und unserem Hund. Dazu müssen wir lernen, unserem Hund zuzuhören, seine Signale zu verstehen. Alles, was uns Außenstehende, seien sie als Trainer noch so erfolgreich und renommiert, zum Umgang mit unserem Hund beibringen wollen, sollten wir daran messen, was unser Hund und unser Herz dazu sagen. Uns die dritte Ebene einer Mensch-Hund-Beziehung zu eröffnen beziehungsweise uns an ihre Existenz zu erinnern, darin liegt der besondere Wert von Clothiers wunderbarem Buch.